Ausbildung/Handwerk

Abenteuer auf hoher See

Ich gehe auf eine Abenteuerreise um die Welt.

Noch in meiner Lehrzeit wusste ich, dass ich nach der Ausbildung meinen Beruf in verschiedensten Ländern (oder Umgebungen) ausüben möchte.

Als Option standen entweder eine Anstellung im Ausland oder eine auf einem Schiff zur Verfügung. Noch während meines Besuches der Meisterschule schickte ich eine Bewerbung an die Firma „Seachefs“, die das Personal für verschiedenste Flotten verwaltet. Mein Wunsch war es, eine Bäckerstelle anzunehmen, und es waren auch einige auf den vorhandenen Schiffen ausgeschrieben. Da alles über dieselbe Plattform läuft, ist es auch ganz unkompliziert, sich für mehrere Stellen zu bewerben.

Schon kurz darauf wurde ich zu einem Videointerview mit anderen Bewerbern eingeladen. Dabei wurden dann grundsätzliche Dinge des Schiffslebens besprochen, und was wir davon erwarten können. 

Darauf folgte dann ein Einzelgespräch, das als Art Bewerbungsgespräch fungierte. Da wurde mir auch mitgeteilt, dass es sein kann, dass ich etwas länger auf eine freie Stelle als Bäckerin warten muss. Ich hatte vor dem Arbeitsantritt aber sowieso noch das Sicherheitstraining in Rostock und einige Impfungen und Behördengänge zu absolvieren, also war das für mich nicht ganz so tragisch.

Im Jänner bekam ich dann einen Anruf, dass im Februar eine Stelle als Konditorin frei werden würde, und ob ich mir das auch vorstellen könnte. Anfangs war ich etwas skeptisch, da dies nicht meine erste Wahl gewesen wäre. Aber ich habe dann zugesagt, da ich bis dahin immer noch keine Details zu der Bäckerstelle bekommen habe, und ich so trotzdem etwas dazulernen könnte.


Start dieses Abenteuers war der 11. Februar 2024. Am Vortag bin ich nach Kiel angereist, und durfte dort meinen letzten „freien“ Tag für die nächsten Monate in einem Hotel verbringen. Am nächsten Morgen ging es dann zeitig zum Hafen, in dem „mein“ Schiff, die Hanseatic nature, anlegen würde.

In drei Koffern hatte ich alles untergebracht, was ich die nächsten Monate mehr oder weniger brauchen würde. Die machten aber etwas Probleme, da nunmal für eine Person drei Koffer nicht ganz so einfach zu transportieren sind. Netterweise waren die anderen Crewmitglieder, die mit mir an diesem Tag aufstiegen, sehr hilfsbereit und halfen mir so gut es ging.

Der erste Schritt war einmal die Abgabe aller relevanter Dokumente und Zertifikate. Dann konnte ich das erste Mal mein Zimmer sehen. Schon vorher war mir mitgeteilt worden, dass ich für die ersten 2 Wochen alleine sein würde und meine Mitbewohnerin erst danach aufsteigen würde. Einerseits freute ich mich, weil ich so in Ruhe alles einräumen konnte und mich einleben konnte, andererseits hätte ich so sicher auch leichter sozialen Anschluss finden können und auch jemanden gehabt, der mir bei allen möglichen Fragen weiterhilft.

Das Zimmer selbst war sogar noch etwas kleiner, als ich es mir vorgestellt hatte. Aber ich konnte alles sehr gut unterbringen und habe sogar noch etwas Platz übrig. Auch das Bett ist halbwegs bequem.

Ein Präsent, das mir ein (oder mehrere Vorbewohner) der Kabine hinter einer Schublade hinterlassen haben.

Nach etwa einer halben Stunde traf ich meinen Vorgänger, der mit mir die Übergabe des Arbeitsplatzes machen würde. Für den Anfang waren es sehr viele Informationen, und auch die Orte, wo ich was finden würde, waren noch etwas verwirrend.

Leider konnte ich da schon erkennen, dass die Ausstattung an Arbeitsmitteln etwas mager war. Natürlich kann man auf einem Schiff nicht die Ausstattung wie an Land erwarten, aber etwas enttäuschend war es schon. Einiges hatte ich selber mitgebracht, was mir auch gute Dienste leisten würde.

Die Übergabe selbst war auch sehr kurz gehalten, und viele Informationen musste ich die nächsten Tage selbst erfragen. Die meisten haben während der Arbeit einfach weniger Zeit etwas zu erklären, deshalb kam ich da auch ein wenig zu kurz.

Das wohl „schwierigste“ an dieser Arbeit ist es, auf die Allergien der Gäste zu reagieren und mit den vorhandenen Mitteln etwas Ansehnliches zu produzieren. Das Internet ist leider auch nur sehr selten eine Hilfe, da man nur in der Nähe von Land nach Rezepten recherchieren könnte.

Am Abend war ich dann das erste Mal alleine in der Konditorei mit meinen Aufgaben. Die Bäckerin, mit der ich mir diesen Bereich teile, war aber super nett und hilfreich. Aber dann wurde uns mitgeteilt, dass am nächsten Tag eine „General Inspection“ anstehen würde. Das heißt, eine Grund- und Tiefenreinigung des gesamten Arbeitsbereiches, welche dann genauestens kontrolliert wird. Da war ich dann gleich auch mal bis 23:30 Uhr in der Arbeit. Hundemüde ist noch gar kein Ausdruck dafür, wie ich mich gefühlt habe.

Das erste Mal morgens aufzustehen war schon hart, da man in der Kabine kein Fenster hat, durch das irgendwie Tageslicht hereinkommen könnte, und es gefühlt noch mitten in der Nacht war.

An diesem Tag merkte ich auch den Wellengang, mir war den ganzen Vormittag etwas übel und auch Kopfschmerzen hatte ich. In der Pause am Nachmittag habe ich ein wenig geschlafen, das hat schon sehr gut geholfen.

Außerdem habe ich da gemerkt, wie anders das Arbeiten auf einem Schiff wirklich ist. Durch die Schiffsbewegung geht auch die Waage nicht mehr exakt, beziehungsweise muss man sich an die gewünschte Menge herantasten.

Da kam auch dann schon der erste Spezialauftrag für mich. Für den Valentinstag sollte ich eine große Torte gestalten, die die Passagiere zur Teezeit erhalten sollten.

Dankbar bin ich echt für meinen Abwäscher, er weiß wo alles ist, oder auch wo er etwas auftreiben kann, was ich brauche. Außerdem hat er mich die ersten Tage auch immer daran erinnert, meine Pause zu nehmen und etwas zu essen, da ich darauf völlig vergessen hätte.

In Stockholm bin ich das erste Mal von Bord gegangen, und es war wirklich etwas besonderes. Wir sind in ein Seemanns-Center in der Nähe unserer Anlegestelle gegangen und haben dort gratis Kaffee und auch ein echtes schwedisches Semla bekommen. Außerdem habe ich den ersten Stempel für mein „Hafenbuch“ dort erhalten.

Tags darauf war für den Abend eine Crewparty geplant, das heißt, es gibt Freigetränke und auch etwas Besonderes zu Essen. Anscheinend war diese Party aus taktischen Gründen auf diesen Tag gelegt worden, da wir durch sehr viel Eis mussten und es im Schiff sehr laut wurde. Die Feier sollte die Crew wohl etwas ablenken. Gegen 1 Uhr morgens blieb dann das Schiff aber ganz stehen, so dass alle etwas Schlaf bekommen konnten.

Über Nacht sind wir aufgrund der Temperaturen festgefroren und konnten so den für diesen Tag geplanten Hafen von Lulea nicht anfahren. Die Eisbrecher, die uns hier befreiten, waren auch in den folgenden Tagen ständige Begleiter. Einmal musste sogar das Schiff, das uns helfen sollte, von einem zweiten Eisbrecher befreit werden.

Am nächsten Tag sind wir aber dann doch noch in Lulea angekommen, und ich hatte in meiner Pause Zeit, mir die Stadt anzusehen. Mein Hauptziel war es, einen Stempel der Stadt für mein Buch zu finden. Nach viel Herumgefrage wurde ich auf die Tourist-Info der Stadt aufmerksam gemacht. Dort hatten sie leider keinen Stempel, dafür aber einen Sticker. Über diesen habe ich mich auch sehr gefreut.

Ein paar Tage später war das Köchedinner angesetzt. Dabei durfte sich jeder in der Küche etwas aussuchen, dass er zubereiten und später auch den Passagieren präsentieren wollte. Auch ich habe mir etwas überlegen müssen. Meine Wahl fiel auf einen Kirsch-Cheesecake mit Basilikumeis.

Da wir auch über Nacht in das Gebiet von Finnland kommen sollten, mussten wir die Uhren eine Stunde vor stellen.

Der Sonntag am 18. Februar war wohl der Tag, der mir bis jetzt am besten in Erinnerung bleiben wird. Kurz nach Arbeitsbeginn kam der Abwäscher aufgeregt zu mir und fragte mich, ob ich rausgehen möchte. Ich war im ersten Moment etwas verwirrt. Aber wir waren über Nacht wieder einmal festgefroren, und anscheinend war das Eis draußen dick genug, um sich sicher darauf bewegen zu können.

Wir konnten direkt vom Schiff aus auf die Eisfläche gehen. Außerdem war das Wetter einfach fantastisch, es schien zum ersten Mal seit Tagen die Sonne.

Dieses Erlebnis hat mir den ganzen restlichen Tag einen richtigen Kick gegeben.

Zusätzlich war am Abend eine Zaubershow nur für die Crew-Mitglieder im Atrium des Schiffes geplant. Auch das war eine willkommene Abwechslung.

Am Montag kam mich dann ein Teil meiner Familie besuchen, die zufällig gerade in der Nähe von Kemi (wo wir gerade ankerten) Urlaub machten. Auch wenn ich erst eine Woche auf dem Schiff war, habe ich mich sehr über diesen Besuch gefreut.

Außerdem habe ich ein kleines Care-Paket bekommen, zu dem auch meine Familie daheim etwas beigesteuert hat. Hauptsächlich war es Feuchtigkeitscreme, da das Wasser an Bord die Haut extrem austrocknet.

Im Laufe der nächsten Tage hatten wir dann zwei Tests zur Schiffssicherheit, da jeder in der Crew im Notfall eine bestimmte Aufgabe zu erfüllen hatte. Die Ergebnisse der Tests wurden erst ein paar Tage später bekannt gegeben, sodass man da erst erfuhr, ob man bestanden hat.

Dabei wird nur die sogenannte Manning-Nummer angegeben, die jedem Crew-Mitglied eindeutig zugeordnet ist. Ich habe in meiner Position als Confectioner die Nummer 418.

Das Ergebnis finde ich ganz akzeptabel 😀

Am Tag des zweiten Tests legten wir in Rauma an. Eigentlich wäre es sich planmäßig nicht ausgegangen, die Stadt zu besichtigen, weil wir den Hafen vor Beginn meiner Pause am Nachmittag wieder verlassen hätten. „Glücklicherweise“ hat uns aber das Eis wieder einen Strich durch die Rechnung gemacht, sodass wir erst später ankamen und ich so auch diese Stadt anschauen konnte.

Die Stadt selbst ist wirklich sehr putzig und alles Sehenswerte fußläufig erreichbar.

Auch hier war die Tourist-Information gleich die erste Anlaufstelle. Wie auch in den anderen Orten waren die Mitarbeiter sehr bemüht und machten sich auf die Suche nach einem Stempel. Aber auch hier wurden sie leider nicht fündig, weshalb nun ein Sticker von Rauma mein Buch ziert.

Als Souvenir habe ich einen Magneten und ein Notizbuch mitgenommen, die von einer lokalen Künstlerin gestaltet wurden.

Als letzter Halt dieser Reise, bevor es zurück nach Kiel ging, war Kopenhagen geplant. Da die Hanseatic nature ein sehr kleines Schiff ist, konnten wir quasi direkt neben der berühmten kleinen Meerjungfrau anlegen. Sie war nach dem Ausstieg aus dem Schiff nur wenige Meter entfernt.

Das Wetter war an diesem Tag einfach perfekt, und die Temperatur lag bei etwa 5° C, was zur Abwechslung wirklich nett war.


Die ersten zwei Wochen sind nun vorbei, was genau dem Zeitraum entspricht, von dem jeder sagt, dass man ihn mindestens braucht, um sich einzugewöhnen und im Schiff zurechtzufinden. Und sie hatten recht, ich finde mich mittlerweile gut zurecht und weiß wo ich etwas finde. Und auch die Arbeit geht mir nun deutlich leichter von der Hand, als ich noch ein paar Tage vorher gedacht hätte.

Diese zwei Wochen sind wirklich wie im Fluge vergangen, und auch die Tatsache, dass es keinen einzigen freien Tag in den nächsten Monaten geben wird, macht mir viel weniger aus, als erwartet.

Nun kann ich nur hoffen, dass auch die kommenden Wochen mit viel Abwechslung gefüllt sein werden.

 

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